Vorstadtkinder

Die mittwöchliche Melange im Vorstadttheater begann, wie vermutet, mit Lampenfieber. Das Akkordeonensemble spielte Liebeserklärungen auf, Liebeserklärungen an ein verkanntes Instrument, so schrieben sie. Ein zittriges Foto dieser Instrumente ist in der Dunkelkammer bei den Veranstaltungen zu finden. Zeitgenössische Musik auf dem Akkordeon, das hat mir gefallen. Die Stücke haben manchmal fast etwas Eisiges. Das kann sonst nur die Orgel.
Mich selbst erlebte ich wie immer etwas unscharf, aber das ist normal. Auf der Bühne ist alles ein wenig anders als unten. Manchmal fehlen ganze Stücke des Bühnengeschehens in meinem Gedächtnis. Als gehöre die Zeit dort oben gar nicht mir. Manchmal gibt es aber Momente, die sich umso fester in meinen Kopf einbrennen. Zum Beispiel, wie Hans Peter und ich eine Hörsaalwand voller Schulmusiker mit einem Stück von John Cage in Atem hielten, extra langsam schmoren ließen und schließlich zum Platzen brachten. In Trossingen war das. Oder als ich auf der Bühne starb. Das war noch in der Schule. Sehr seltsam, sich so völlig gehen zu lassen und alle sehen zu. Mit Gesichtern sprechen, die ich oft vor Licht nicht sehe, das alte Lied.
Jazz zum Schluss hat gut getan. Bassisten sind ohnehin toll. Und dass die Stadtsheriffs von der Puppenbühne klasse sind, muss ich wahrscheinlich nicht extra sagen. Ein Ende fand alles mit Rotwein und Häppchen, in der Künstlerecke stehend, sich freuend und den Wein ins Blut rinnen fühlend, ein wenig Unsicherheit in den Gliedern, Flatterigkeit und Ruhe zugleich, und eine schöne, blinzelnde Müdigkeit, die an Schlaf aber nicht denkt.