Category Archives: Tagebuch

Ein Swimmingpool, denke ich

Ich werde von einer quirligen Windhose geweckt. Sie kommt an mein Bett, atmend, wie die Schnauze eines Tiers. Ich streichle das Tier, das ich mir einbilde, einen jungen Löwen, und stehe auf.
Ich mache Fotos von meinen Siebensachen und verkaufe sie. Ich esse Müsli. Ich sehe aus dem Fenster. Mein Haus liegt an einer Sackgasse inmitten von Pizzerien und Biergärten. Ein Weinhaus, ein Modegeschäft. Gegenüber ein großes, modernes, rotes Haus. Auf dessen Dach gehört eigentlich ein Swimmingpool, denke ich. Die Terrasse des Hauses ist so groß, dass man ganze Sommer auf ihr verbringen kann. Mein Fenster, von dort drüben gesehen, muss sehr unscheinbar wirken. Überhaupt fühle ich mich heute sehr unscheinbar. Draußen kann ich Vögel hören. Es ist ruhig.
Die Sonne wärmt, ich denke an die Wüstenszene, aus der die Windhose stammte. Die Wüstenszene, ein Acrylbild, werde ich wohl bald ins Atelier stellen, neben eine weiße Kuppelstadt.

Wegzehrung

Einen Roman zu schreiben ist die Erstbesteigung eines Berges, den bis dato niemand kennt. Du bist allein, verlierst an Gewicht und spürst übergenau jeden Deiner Schritte. Du weißt nicht, ob der Höhenrausch oder die Müdigkeit gefährlicher sind. Dein Weg muss gut sein, sonst kommst Du nicht zurück. Du hast Zeit, in der Landschaft zu verschwinden. Zweifel gibt es nicht. Manchmal tut Dir etwas weh. Würdest Du rauchen, würdest Du mehr rauchen. Hier fällt das Bild auseinander. Bergsteiger rauchen nicht. Außerdem gehen sie nicht allein, wie Du. Und überhaupt, wer muss schon mitten im Berg sein Staatsexamen schreiben.

Samt Brunnen und Brücken

Spät in der Nacht, wochentags, im Winter, kannst Du in dieser Stadt spazieren gehen wie im Wald, so ruhig wird sie. Dann gehört sie Dir, die Stadt, samt ihrer Brunnen und Brücken. Von Lustnau her kommt Dein Triumphzug heran, mit kleinen goldenen Schuhen. Haus um Haus gehört Dir, alle dunkel und still und voller Träumer. Du glaubst, dass alle Türen offen sind, Du müsstest nur hineingehen und schlafen, wo immer Du willst. Aber Du willst nicht schlafen.
Irgendwann landest Du doch in Deinem Bett, liest wieder Platon und isst einen Apfel.

Kleine Nachtmusik

Meine Zöpfe liegen nach links und rechts abgespreizt im Kissen. Ich habe mich rücklings aufs Bett geworfen. Der rechte Zopf berührt einen schlafenden Mann. Das Zimmer ist dunkel, bis auf eine Insel roten Lampenlichts. Überm Tisch hängen Federn an weißen Fäden und bewegen sich mit der warmen Luft.

Pepparkakshus

Wenn starker Kaffee mit Trinkschokolade gemischt wird, verändert sich seine Farbe ins Sanfte und Tonlose hin. Ich esse ein Pepparkakshus, ohne es vorher zu bauen. Das heißt, ich esse das Dach zuerst, dann eine Frontwand. Währenddessen schneit es wieder heftiger. Das passt sehr gut ins Bild. Ich hatte mir den Schnee gewünscht.