Wir sprechen über Phantomwürste, Phantomböen und Phantomgerüche, lesen gegenseitig unsere Shirtaufdrucke. Pläne und Leidenschaften, die für drei Leben reichen würden. Ich bin trotzdem kein Workaholic, lese Comics, pflücke Minze am Bach. Du machst Mojito draus. Easy Rider, und immer wieder die Vermutung, dass ich mehr Hippie bin, als die elterlichen Althippies es jemals sein konnten. Unfug, Kräfte messen, Erdbeeren und Kartoffeln kaufen. Ich träume vom Reisen auf einer Küstenstraße, von Veränderung, du liegst unterm Apfelbaum, erinnerst dich nicht an Träume. Ein Singvogel landet auf deinem Knie, Vatertagskarten, Cirruswolken und Erinnerungsstützen aus Gras.
Category Archives: Tagebuch
Oktopussalat
Ein vorzüglicher Oktopussalat, darin Segmente von Tentakeln, dick wie mein Handgelenk, mit Saugnäpfen, groß wie meine Daumenkuppe. Lila Haut, die mich an Hentai denken lässt. Fröhne außerdem meiner Krabbenchipssucht und nippe an einer Flasche Bier. Später finde ich einen Falter, der in einem Rest Sojasoße verendet ist. Silberflügel im angetrockneten Schwarz. Das Bild erinnert mich an eine gewisse Sushibar, winzig und abgewetzt genug, mir dort einen Hauch Murakami einzubilden.
Hotelbettnächte
In einem Schwarzwaldhotel, Aprilwetter im Mai, beobachte ich heranziehende Sturmwolken vom Swimmingpool aus. Die Lesereise beginnt im Wellnessbereich, Fencheltee und finnische Sauna. Abends im Saal des Bonndorfer Schlosses, ich lasse mich auf einem thronartigen Stuhl nieder und schiele misstrauisch zu den Putten unter der Decke hinauf. Tags darauf, Stuttgart gibt sich klassisch im Kubus der Stadtbücherei. Im Hotel mache ich Bekanntschaft mit dem singenden Duschkopf. Ich beginne zu verstehen, warum viele Schriftsteller früher oder später eine Hotelgeschichte schreiben. Das Leben in gemieteten Räumen, von deren Bodenfliesen wir im Handumdrehen abwaschbar sind. Heute Refugium, morgen ein gleichgültiges Nichts. Karlsruhe schließlich, eine Bleibe mit Cordsamtsofa und hohem Sprossenfenster, vor dem ich stundenlang nur sitzen, Kaffee trinken und Notizen machen möchte. Das wechselhafte Wolkenkino, Kastanienblättermusik, Bahnhofstrubel. Nachts die Lesung in einem abgeranzten Club, der gut zum Buch passt. Beschwipst, gelobt, chauffiert, tauche ich ein letztes Mal in fremde Federn ab. Jede Hotelbettnacht ist anders.
Blitzklares Wasser
In der Badewanne untertauchen. Dann plötzlich, die Erinnerung an Schwerelosigkeit, Urlaube am Meer, mit kräftigen Zügen hinunterschwimmen, drei Meter tief ins blitzklare Wasser, die Augen geöffnet. Sich auf den Rücken drehen, die Arme ausbreiten. Nichts mehr tun. Dem Sonnenlicht entgegen an die Wasseroberfläche treiben.
Riesenpusteblumen
Betrachte Fotos von Feuerwerken, Riesenpusteblumen aus Licht, denke ich. Lachshäppchen, Abiturrummel, die Korrekturen sind ein ausgelutschter Schreibtischwestern, Liegestütze, weil zum Laufen keine Zeit ist, Krokusse, Frühlingsbeginn, auf dem Rand der Kaffeetasse Karussell fahren. Inputwoche, passiv, lesen, Filme schauen, den literarischen Meinungstrubel von schräg unten links verfolgen. Schließlich Frontalcrash mit dem Wochenende, ich bleibe einfach liegen. Zerrt mich bestimmt wieder jemand raus. Zumindest ein paar Wörter sammeln, denke ich, Taubenporno, Rampensau, bullet train.