Category Archives: Tagebuch

Telegrammstil

Telefonate vereiteln Tagebuchgetippe. Andere Tagebuchtipper wollen Kontrolle. Tangiert nur peripher. Tatsächlich November. Sammle Tagewerke eines Traumtänzers. Teebeutelsalat und Telegrammstil.

Vorstufen

Nein, die Stereoanlage ist nicht kaputt. Das ist meine Musik. Und wenn ich erst woanders wohne, wird sie noch lauter sein, warte nur. Auch der Kühlschrank wird größer sein und ein eigenes Fach für Sushi haben. Ein zweiter Ikeaschuhschrank muss her und eine neue Kaffeedose. Und irgendwann, irgendwann, wenn Raum und Geld ja sagen, wird mein liebes Klavier nicht mehr im Elternhaus auf mich warten müssen, sondern zu mir ziehen, endlich. Ich träume und trinke Tee.
Später schreibe ich Badewannenszenen und Eislaufszenen und einen ziellosen Brief.
Seit gestern habe ich mein Staatsexamen. Ein komisches Ding. Es erinnert an einen Plüschfrosch, schöne Sprungbeine und große Augen, eigentlich ganz nett, vielleicht etwas grün um die Nase. Weil es mir den Kopf so herrlich freigeblasen hat, in nur wenigen Stunden, nehme ich an, dass es mir Gutes will. Ich kraule es ein bisschen, es schnurrt.
Während ich tags vom Klavier und von Kaffeedosen träume, träume ich nachts vom Walzertanzen, was wohl eine Vorstufe zum Fliegen ist.

Vampyroteuthis infernalis

Ich nehme mir den Luxus, Bücher ganz zu lesen, auch wenn allgemeiner Prüfungsopportunismus sicher raten würde, lieber breit und flach zu lesen, ein Kapitel hier, eine Seite da. Aber diese Sprunghaftigkeit im Lesen wird mir langsam über. Ich will jetzt Seite eins bis Ende, das Buch ist gut, und Punkt.
Später, während des Tiefseetauchens, befreunde ich mich mit einem Vampyroteuthis infernalis. Er gefällt mir mit seinen Engelsaugen und der Dämonenhaut. Seine Geschichten locken mich immer weiter ins Dunkel, seine Stimme ist schön. Wenn die Zeit reif ist, werde ich ihn den Anderen vorstellen. Ich küsse den kleinen Luzifer und schwimme weiter.

Ganz langsam

Ich müsste Dir wahrscheinlich ins Gesicht explodieren, um zu sagen, was ich sagen will. Aber weil ich noch eine Weile leben will, gehe ich andere Wege. Eine ganz, ganz langsame Explosion, das müsste auch funktionieren.
So schrieb ich mal einem und er dachte, ich sei wütend. Quatsch, Mann.

Als Weber

Viele leben ihr Leben, indem sie einen Faden an den anderen knüpfen und es so immer länger machen. Mit denen, die flechten, stricken oder weben, werden sie vermutlich immer wieder Missverständnisse haben.
Ich kann die Klingel finden, ohne die Namen zu lesen, unten, zweiter Knopf von links, im Dunkeln, wenn die Lampe kaputt ist, es ist kein Problem. Ich kann mich mit Toten so lange beschäftigen, dass ich Gefahr laufe zu glauben, ich hätte sie gekannt. Ich bin außerdem gut darin, aus der Not eine Tugend zu machen. Ich frage mich, ob letztlich all meine Tugenden aus Not entstanden. Und noch etwas: Ich kann so merkwürdig träumen, dass ich beschließen muss, dass die Traumgeschichte hier nichts verloren hat. Sie handelte von Schultoiletten und Geld, und ich selbst war eine Romanfigur in diesem Traum, die Ähnlichkeit mit Pippi Langstrumpf hat. Nur soviel.