Category Archives: Tagebuch

Chlorlandschaft

Wann ich zum letzten Mal im Schwimmbad war, keine Ahnung. Ich hatte den Geruch vergessen: ein türkisfarbener Geruch mit ein bisschen ölgelbem Pommesduft. Gestern, wir waren nass und atemlos, wie die Jungs, die zum zehnten oder zwanzigsten Mal den Rutschturm hochrennen, mit Luftreifen oder ohne.
Einer der Jungs fragt mich, ob ich mit ihm seinen Reifen halte. Er ist nur einen Kopf kleiner als ich und wie es aussieht, käme er allein zurecht. Aber er macht den Hundeblick, den kleine Jungs sonst nur ihrer Mutter oder der besten Freundin zeigen, wenn sie eine haben. Ich packe mit an, wie im Spiel, nicht wirklich viel tragend. Er verschwindet selig in der Rutschröhre.
Dann einer, der viele Bahnen geschwommen sein muss. Er pflügt neben mich hin, Wasser im Bart. Ich versuche, ihn unterzutauchen. Luft anhalten, warnt er, und tunkt stattdessen mich unter Wasser. Und für jedes Anspritzen will er mich nochmal auf Tauchstation setzen, sagt er. Er packt mich untern Arm wie eine Reisetasche ohne Henkel. Dass er schon mindestens drei graue Haare in seinem Pferdeschwanz hat, spielt keine Rolle. Er ist fünfzehn und ich auch. Sorgloser als Kinder, weil wir die ganzen Kindersorgen nicht mehr haben, glitschen wir durch die Chlorlandschaft.
Andere Tage, ich schnurre wie eine Spieluhr, deren Musikbändel längst nicht eingezogen ist, die Melodie läuft ein bisschen zu schnell, fröhlich und aufgeregt. Ich gehe im Felsenmeer spazieren, ich schreibe, ich lese, ich bade und bin immer noch nicht müde. Glücklich, ohne zufrieden zu sein. Auf dem Balkon gibt es Sumpfmeise mit Papageienfutter.

Ich als Mann

Freunde und frei haben. Wir schlendern durch Ulmer Geschäfte, finden Blechdosen, Papageienfutter, Blumen, Germknödel und Vanillesoße gut. Später, in einer mittelmäßigen Bar, sehen wir Fledermäusen beim Verirren und Kellnerinnen beim Patzen zu. Noch später, in einer nicht ganz mittelmäßigen Bar, küsse ich Zombies, Prinzen und süße Früchte.
Ein Schlagzeuger, der winters mit mir Quiche und Windbeutel genibbelt hatte und so aussieht, wie ich als Mann gern aussehen würde, schickt mir unerwartet Worte und einen halbgaren Tonschnipsel. Ich freue mich und weiß warum. Spontan ziehe ich neue Saiten auf die Gitarre. Ich spiele und finde ebenso spontan das letzte Puzzleteil zu einem Song, der seit Monaten in der Schublade gedämmert hatte. Ich singe, lache, gurre und wünsche mir, wie ein kleiner Junge, dass die Ferien nie enden mögen.

Without

Defekte Technik, Hagelbrocken mit scharfen Kanten und sich in Menschen täuschen. These are the things I can do without.

Schwimmbadfarben

Mit einem Bären streifst Du durch den Wald. Ihr geht im Kreis und weiter. Der Bär fährt Motorrad, er zeigt Dir seine Maschine, als ihr den Wald verlasst. Ihr sprecht über Ben Nevis, die Straßen von Fort William, Perfektionismus und Karate. Der Bär ist sehr genügsam und trinkt keinen Kaffee.
Später. Die Sonne scheint. Der Brunnen plätschert, blau, türkis, hellblau, ein Mosaik in Schwimmbadfarben. Die Katzen fressen Heuschrecken.

Irrgärten

Das Wasserbecken ist schwarz. Du wirst Steine holen gehen. Du baust Dir einen Springbrunnen und verstehst die Welt noch weniger. Ein bisschen schüttelst Du den Kopf, aber größere Gesten sind Dir die jüngsten Eseleien im direkten Umfeld nicht wert. Allerdings hast Du heute viel gelacht, warst ehrlich amüsiert. Denkst an Königshöfe, Irrgärten und Seerosen. Das Wasserbecken ist schwarz.