Ich male. Muss aufpassen, nicht einfach die Möbel, die Bücher, die Wände mit anzumalen. Ein Paar Schuhe, denke ich. Es dauert nicht lange, die Farbe sickert ins Gewebe der Chucks. Blau, weiß, rot. Aus den Taschen meiner Jeans rieselt noch Norderneysand. The Kinks haben den Soundtrack zum Tag. Ich dezimiere die Schicht aus Klebezetteln, die wie ein Flechtengewächs auf meinem Schreibtisch wuchert. Ganz nebenbei die Erkenntnis der vielen Dinge, auch Menschen, die ich nicht brauche. Lazing on a sunny afternoon.
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Der Preis des Sommers
Menschen, denen Details auffallen. Die fragen, warum ein Tupfer Nagellack auf meinem Spann klebt. Menschen mit Explosivkraft. Die sich die Kleider vom Leib reißen und ins Wasser springen. Menschen mit absolutem Gehör. Die im Grunde alles spielen können. Ich wippe ein wenig hin und her, kriege das Gefühl, ich säße fester im Sattel des Lebens. Ich mache Feuer. Zupfe im Halbdunkel Pflasterklebereste von meiner Haut. Es könnte auch ein Film sein. Ich muss einen Song schreiben. The Price of Summer, heißt er, denn wir bezahlen den Sommer mit Blut, bezahlen gern und leidenschaftlich, Insektenstiche all over.
Japanischer Meerrettich
Chili con Carne und billiger Rotwein. Verbrannte Haut und ein neues Buch. Pailletten und Kaffee. Gin und Tonic. Der Beginn der Sommerferien. Etwas Explosives macht sich frei, das Bunte einer Sehnsucht rinnt an den Wänden meiner Vernunft herab, halb Kinderspiel, halb Künstlertraum. Straßenkreide. Bleistiftskizzen. Japanischer Meerrettich. Plus. Ich habe ein Ticket ans Meer.
Wasserpfeife
Manchmal macht ein Geruch, der durch den Spalt eines Dachfensters hereinkommt, den ganzen Unterschied zwischen zielloser Verwirrtheit und einem gelungenen Abend aus. Ich trinke aus Gläsern mit Waffelschliff, trinke Orangina Rouge, trinke Hochprozentiges aus Fougerolles. Durch einen Zufall prasselt meine gesamte Grundschulzeit auf mich herunter, ungefragt und überraschend, schüttet sich mir in den Schoß, ein aufgeschlitzter Sack Zuneigung, Erinnerungen, Wunderlichkeiten, ein herzliches Willkommen zurück. Halbvergessenes, Orte, die ich mied. Bald werde ich Menschen aus einem anderen Leben begegnen, aus meinem vorvorvorletzten Leben ungefähr, aus einer Zeit, in der ich nur ahnen und träumen konnte. Sie werden sagen, sie hätten es schon immer gewusst, und ich werde überfordert sein. So viele, die mich länger kennen als ich mich selbst. Ich als Kind. Wieder. Immer noch. Ich nehme zwei, drei Züge aus der Wasserpfeife. Ich lasse mir eine Wunde schminken. Ich hänge an diesen und an jenen Lippen. Setze meinen Strohhut auf und schwimme hochauf, weggeschwemmt, vereinnahmt, halb aufgelöst, in den Wellen schöner Menschen.
Sommerfett
Nach Monaten ohne Gitarre spiele ich wieder auf den Stahlsaiten. Meine Finger tun weh, der Klang schwirrt im Kopf nach, legt sich wie ein Fotofilter über meine Sicht. Viel zu selten spüre ich die Wucht, die von einem fürs Schreiben reservierten Tag ausgehen kann. Außerdem gehe ich Sturmschäden besichtigen, zeichne neue Portraits, schicke eine Flaschenpost auf die Reise. Ich braue Holunderblütensirup. Ich krieche durchs Dickicht, bis meine Haut brennt von all den Gräsern, Dornen, Nesseln. Ich bin nicht allein. Wir kühlen die juckenden Beine im See. Ein kleines Gewitter, wir sitzen wie Tiere unter einem Strauch, plustern uns. Zuhause Zwiebeln schneiden und Oliven naschen. Vorm Küchenfenster wird eine Kreuzspinne fett, sommerfett.