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Es gibt tausend Ausflüchte aus der Arbeit und nur einen Weg zurück.
Für jetzt aber nehme ich den Highway aufs Land, die Schnellstraße an den Rand der Welt, die Auffahrt zum Chill, den Weg an ein geistiges Meer. Dort werde ich eine Weile wohnen, auf Schnee warten, und meine Hauptbeschäftigung wird eine genüssliche Zeitverschwendung sein. Meere sind im Winter nicht sehr freundlich, deshalb ziehe ich mich warm an.
Warum packt mich manchmal das Glück wie ein Geschwindigkeitsrausch? Während ein schneller Wagen aber, mit großen Sätzen von Gang zu Gang hechtend, mechanisches Muskelspiel, mich fortträgt, immer weiter fort, trägt Glück mich nirgendwohin. Oder besser gesagt: Genau dahin, wo ich schon bin. Die Bewegung, der Rausch, bleibt derselbe.
Manche Leute möchten nicht im Auto sterben. Wenn ich Rob Dougan singen höre, weiß ich, dass manche zumindest mit dem Gedanken gespielt haben. I’m not driving anymore, singt er. Ich stelle mir vor wie er, in voller Fahrt, die Hände vom Lenkrad nimmt und die Beine entspannt, sich weigert, nur einen weiteren Finger zu rühren, um die Maschine zu kontrollieren. Er will nicht mehr kontrollieren. Er sieht einfach zu. Und wartet. Was passiert. I’m not driving anymore.

Glockenschlag

Der Abend im Stift war weinhaltig und zwanglos. Jetzt weiß ich, dass es Zeit ist, Zugaben in der Hinterhand zu haben. Wie peinlich, wenn ich auf den Zuruf nichts zu spielen weiß. Ich behalf mir und sang etwas, das ich noch im Kopf hatte. Zum Glück, wie ich schon sagte, war die Atmosphäre locker genug dafür. Ich fragte mich, wie wohl mein Singen im Innenhof des Stiftes klingen würde, widerhallend von allen vier Wänden. Aber den Gedanken behielt ich für mich.
Das Schokoladenfest war klein und kalt, aber süß. Und scharf, mit einem Schuss Chili. Tatsächlich hat es ein wenig Lust auf Weihnachten und auf Winter in mir geweckt. Hauptsächlich auf Winter.
Eine leichte Unruhe geistert mich an. Ich denke ans Kloster Bebenhausen, nachts um drei. Ein Spaziergang dort, in den Höfen und Gassen, kann zwei aufgescheuchte Geister so sanft zur Ruhe bringen. Wohin werden wir gehen, wenn wir nächstens wieder nicht schlafen können?

Orange

Ich halte den Apfel ganz nah an die Nase. Sein Geruch erinnert mich an Gutes, Warmes, Moosiges. An die Bäume im Garten meiner Eltern. An die gelben, spitzen Blütenkelche, die jeden Frühling unter ihnen aufgehen. Mein Vater nennt mich immer noch sein Töchterle. Oder Maus. Er wird es immer tun. Hoffe ich. Ich bin nämlich gerne Tochter und Maus. Heute baute er mir einen Schrank zusammen. Der hat orangefarbene Türen, dunkelorange, und einen Spiegel in der Mitte. Der Apfel ist auch orange, an manchen Stellen. Ich sollte wieder den mandarinefarbenen Glitzerlack auftragen. Orange ist die Farbe der Saison.
Das Wochenende im Kloster am Blautopf, zugebracht in Gärten, Speisesälen, Seminarräumen und Hotels, hielt mehr als es versprach. Ich schöpfte Zutrauen. Ich sah über all die einsame Arbeit nun endlich wieder klarer. Und ich weiß, dass eine Menge weitere Arbeit auf mich wartet. Arbeit, auf die ich widerum gewartet hatte.
Dass William Blake sich schnöde vordrängt und mich abhält vom Eigentlichen, werde ich nicht ändern. Mein Staatsexamen hängt an ihm und an einem ganzen Sack voll anderer Dichter und Denker. Das Studium ist zu einem Raubzug geworden, den ich halbwillig, aber dafür mit umso weniger Skrupeln, antrete. Wenn ich schon eine Zulassungsarbeit schreiben muss, dann soll danach Blake und seine Welt mir gehören, ich werde mich vollfressen an seinem Tisch und in alle umliegenden Häuser Fackeln werfen. Ich muss aufpassen, dass ich heil davonkomme.