Schreibtischballett

Willst Du Schriftsteller werden, fragt sie mich und die Kamera läuft. Und anstatt das blanke Ja auf meiner Zunge lachend auszuspucken, wie es sich gehört hätte, stocke ich und beginne zu faseln. Es gibt keine blöden Fragen, nur blöde Antworten, denke ich später. Vielleicht hätte ich mit großem Ernst darlegen sollen, dass ich Chirurg werden will, oder Stripperin. Ich setze auf den geistigen Memoblock: Frecher werden. Und nicht jammern jetzt. Erfahrung sammeln muss jeder, auch die kleine Fee. Vier Minuten im Lokalfernsehen darf ich wohl als erste Lehrstunde in Medienpräsenz sehen. Zusammenreißen, weitermachen.
Die Tastatur macht sanfte Geräusche, hauchdünnes Eis, das unter meinen Fingerkuppen halb zerbricht, halb wegschmilzt, jedes Mal, wenn die Fingerkuppen zwei Millimeter weit in ihr versinken, wieder auftauchen. Das Fenster, der Himmel mischt seine Taubenblaus, ein Aquarellkasten mit zu viel Wasser. Ich stelle die Füße auf die Spitzen, Schreibtischballett.
Macht Dich die Fähigkeit, bei Bedarf die Farbe zu wechseln, schon zum sozialen Chamäleon?

Grundrisse

Dass plötzlich Grundrisse interessant werden, dass ich Mietangebote durchklicke und mir überlege, die Bücher in Kisten zu packen, ohne recht zu wissen, wohin es gehen wird. Die zwei kleinen Topfpflanzen sehen mich an und bekommen eine Dusche mit dem Zerstäuber. Danach stäube ich mir selbst ins Gesicht. Lou Salomé hängt wie eine Schutzheilige auf meinem Bildschirm.
Rückblende, Zürich, Lindenhof. Ich gehe langsam zum Mäuerchen und sehe hinunter, Limmat, Literaturhaus, alles beim Alten. Nach einer Weile drehe ich mich um. Das Licht in den Linden ist golden, manchmal flirrt ein Blatt herunter. Die Luft ist leichter, stiller als unten. Den Lindenhof, die Lauten finden ihn nicht, sagt mir einer, später.
Die Grundrisse malen ein mögliches Bild, während ich warte und Tee trinke. Sozialpunkte habe ich nicht und eine wilde Ehe zählt nicht, also bleibt mir nichts, für heute, als den Chillfaktor zu erhöhen und mich in einem guten Mix aus Xploding Plastix, Amon Tobin und Moodorama zu versenken. Bevor Entzug einsetzt, besorge ich neue Bücher und Musik und angle Gesellschaft für den Abend.

Vielleicht

Ich mag dieses Wort: vielleicht.
Aber heute wäre mir sogar ein Wahrscheinlich zu vage. Ich will bitte, bitte, bitte einfach nur wissen, wie es ausgehen wird. Manchmal ist das Leben eine alte Dame und kein Schnellzug. Sie wird Wochen brauchen. Und ich werde unterdessen nur um sie herumhüpfen können, ihren Weisheiten lauschen und hoffen, dass sie hin und wieder ein Bonbon aus ihrer Handtasche zieht. Manchmal, wenn sie sich auf eine Bank setzt und mir übers Haar streicht, werde ich mir meiner großen Augen bewusst. Sie sagt nicht, dass alles gut wird. Sie lächelt nur. Zwischendurch stehle ich Pflaumen, höre Gabber, lass mir die Haare schneiden.
Ich mag dieses Wort: vielleicht. Es klingt wie: Golightly.

Malwasser und Tee

Das Malwasser und der Tee stehen in Tassen auf dem Tisch. Kein Wunder, dass es da, sobald Du in Gedanken versinkst, zu Verwechslungen kommt.
Es gibt Tage, an denen Dir schwer fällt, bei der Sache zu bleiben, so schwer, dass Du nicht einmal Dein Bett aufschütteln kannst, ohne Dich selbst zu unterbrechen. Heute ist kein solcher Tag, heute sind die Sachen bei Dir. Das ist gut.
Wenn Du einmal aus der Reihe getanzt bist, einmal aus dem Lot gependelt, ist es gar nicht so einfach, wieder zurück zu pendeln, wieder in die Reihe zu tanzen. Es scheint ein Naturgesetz zu sein. Okay, denke ich. Tanzen wir eben ein Solo.