Viele leben ihr Leben, indem sie einen Faden an den anderen knüpfen und es so immer länger machen. Mit denen, die flechten, stricken oder weben, werden sie vermutlich immer wieder Missverständnisse haben.
Ich kann die Klingel finden, ohne die Namen zu lesen, unten, zweiter Knopf von links, im Dunkeln, wenn die Lampe kaputt ist, es ist kein Problem. Ich kann mich mit Toten so lange beschäftigen, dass ich Gefahr laufe zu glauben, ich hätte sie gekannt. Ich bin außerdem gut darin, aus der Not eine Tugend zu machen. Ich frage mich, ob letztlich all meine Tugenden aus Not entstanden. Und noch etwas: Ich kann so merkwürdig träumen, dass ich beschließen muss, dass die Traumgeschichte hier nichts verloren hat. Sie handelte von Schultoiletten und Geld, und ich selbst war eine Romanfigur in diesem Traum, die Ähnlichkeit mit Pippi Langstrumpf hat. Nur soviel.
Einsatz
Wir sind vertieft in ein Spiel und Zeit ist der einzige Einsatz, den wir haben.
Kleinkunstabend in der LINDE jugend&kultur
Einen Abend mit Literatur, Musik, Improvisationstheater und einer kleinen Ausstellung gibt es am 11. Oktober 2007 in Kirchheim im Kulturkeller in der LINDE.
Beginn 20 Uhr
LINDE jugend&kultur
Kirchheim unter Teck
Schreibtischballett
Willst Du Schriftsteller werden, fragt sie mich und die Kamera läuft. Und anstatt das blanke Ja auf meiner Zunge lachend auszuspucken, wie es sich gehört hätte, stocke ich und beginne zu faseln. Es gibt keine blöden Fragen, nur blöde Antworten, denke ich später. Vielleicht hätte ich mit großem Ernst darlegen sollen, dass ich Chirurg werden will, oder Stripperin. Ich setze auf den geistigen Memoblock: Frecher werden. Und nicht jammern jetzt. Erfahrung sammeln muss jeder, auch die kleine Fee. Vier Minuten im Lokalfernsehen darf ich wohl als erste Lehrstunde in Medienpräsenz sehen. Zusammenreißen, weitermachen.
Die Tastatur macht sanfte Geräusche, hauchdünnes Eis, das unter meinen Fingerkuppen halb zerbricht, halb wegschmilzt, jedes Mal, wenn die Fingerkuppen zwei Millimeter weit in ihr versinken, wieder auftauchen. Das Fenster, der Himmel mischt seine Taubenblaus, ein Aquarellkasten mit zu viel Wasser. Ich stelle die Füße auf die Spitzen, Schreibtischballett.
Macht Dich die Fähigkeit, bei Bedarf die Farbe zu wechseln, schon zum sozialen Chamäleon?
Grundrisse
Dass plötzlich Grundrisse interessant werden, dass ich Mietangebote durchklicke und mir überlege, die Bücher in Kisten zu packen, ohne recht zu wissen, wohin es gehen wird. Die zwei kleinen Topfpflanzen sehen mich an und bekommen eine Dusche mit dem Zerstäuber. Danach stäube ich mir selbst ins Gesicht. Lou Salomé hängt wie eine Schutzheilige auf meinem Bildschirm.
Rückblende, Zürich, Lindenhof. Ich gehe langsam zum Mäuerchen und sehe hinunter, Limmat, Literaturhaus, alles beim Alten. Nach einer Weile drehe ich mich um. Das Licht in den Linden ist golden, manchmal flirrt ein Blatt herunter. Die Luft ist leichter, stiller als unten. Den Lindenhof, die Lauten finden ihn nicht, sagt mir einer, später.
Die Grundrisse malen ein mögliches Bild, während ich warte und Tee trinke. Sozialpunkte habe ich nicht und eine wilde Ehe zählt nicht, also bleibt mir nichts, für heute, als den Chillfaktor zu erhöhen und mich in einem guten Mix aus Xploding Plastix, Amon Tobin und Moodorama zu versenken. Bevor Entzug einsetzt, besorge ich neue Bücher und Musik und angle Gesellschaft für den Abend.