Barfußfee

Ich bestelle eine thailändische Suppe. Sauer, scharf, sagt der kleine Koch. Ich nicke. Genau so. Und während die Stuttgarter Sonne ihre Städter brät, sieht mir der kleine Koch beim Essen zu.
Später, als die Nacht und ihr Gewitter die Luft waschen, halte ich meine nackten Füße in den Regen. Ich sehe Denis Lavant vor meinem inneren Auge, murmelnd, sabbernd. Ich liebe dieses Video. Einen Mantel abstreifen, wegschleudern. Stehen bleiben, nur das Klavier spielt noch. Die Arme ausbreiten. Meine Gedanken springen weiter, ich will am Meer sein. Nicht allein, sondern mit einem, der sich das Meer schon lange wünscht.
Ich bin Milchmädchen, Launenkind und Barfußfee. Ich bin ein unfreiwilliges Geheimnis, die Katze im Vorgarten. Und ob Budweiser und Raffaello zusammen passen oder nicht, ist mir egal.

Aus Gold

Die Tage, an denen ich selbstverliebt bin, sind auch die Tage, an denen sich Andere in mich verlieben. Zum Beispiel der junge Iraker im Park. Erst packt er seine Zigaretten aus, dann seine Lebensgeschichte. Oder die drei einsamen Männer im Zug. Sie setzen sich, jeder einzeln in seinem Viererabteil, gegen die Fahrtrichtung, nur um mich zu mustern. Vielleicht verliebt sich sogar das Mädchen, das mir Komplimente macht. Aber darüber kann ich nur spekulieren.
Nachts, noch träume ich nicht, wird mein Atem ein Meeresrauschen. Wenn ich einatme, rollt die Welle auf mich zu. Wenn ich ausatme, rinnt sie über ihr sandiges Bett zurück ins Meer. Ich kann trotzdem nicht schlafen. Ich beginne, durch die Wohnung zu schleichen.
Die ganze Welt ist aus Gold, kommentiert der Faun, im Halbschlaf, meine Berührungen.

One by One

Aufgesetzte Dialoge, billige Kamera, No-Budget-Spezialeffekte, was will man mehr!

onebyone

Standbild aus dem Super-Low-Budget-Film One By One – We will take you

Feenschaukel

Die Feenschaukel wollte der Nerd mir schicken. In Einzelteilen, notfalls. Zugegeben, ich hätte sie gern mitgenommen, die große, rote, schöne Schaukel für zwei. Was muss sie auch in Hamburg stehen.

Pinnwand

Neugier und Dekadenz, Nerdismus und Snobismus. Oder einfach eine Reise. Jeder Mensch ist ein fremdes Land, voll eigener Bräuche und Sehenswürdigkeiten, voll privatem Wahnsinn und Unsinn. Hat eine eigene Sprache, Küsten, Meere, Heiligtümer. Deshalb hat es nichts Herablassendes, wenn ich sage, dass ich jemanden bereise.
Tatsächlich habe ich zwei Männer bereist, zwei Städte, zwei Welten. Einer der Männer würde sich wehren, so unterschiedslos im selben Satz mit dem anderen genannt zu werden. Deshalb bekommt er eigene Sätze. Oktopussätze, Sushisonaten, Weißweinquartette. Ich tanzte für ihn mitten auf der Showbühne bei einer Schwulenparty und er sah mich nicht. Ich tanzte also weiter, bis auf den großen Feldberg, einen Stock als Schwert in der Hand, da sah er mich dann.
Er spricht über Autos und ich schmunzle, warte insgeheim auf den Tag, an dem ich seine Autoschlüssel in die Finger und die passende Strecke vors Visier bekomme, er spricht über Villen, über Materialismus, über Krawatten und ich schmunzle immer noch. Die Rede übers Fischgrätparkett in Eiche allerdings beeindruckt mich.
Frühstücks ist er anspruchsvoll. Mittags melancholisch. Dinners fehlt die Musik in seiner Wohnung. Aber dem lässt sich abhelfen.
Jedenfalls komme ich zurück, Elbsand in der Hose, Mainwind im Haar, während es bei Ulm nur regnet. Hamburg, Frankfurt, eigentlich fehlt noch Berlin, denke ich. Aber schließlich bestücke ich kein Sammelalbum mit meinen Reisen. Nur die Pinnwand meiner kleinen Seele.