Fruchtschnitten

Im Kloster werden Tabu und Obszönes im Film behandelt. Wir sehen spanische Filme und essen Fruchtschnitten. Ich lustwandle vom Tor zum Brunnen zur Linde und zurück. Ich schicke einen jungen Mann in den Beichtstuhl und wate in der Donau. Ich lerne ein geschwätziges Teufelchen kennen, das eine schwarze Hochsteckfrisur hat und auf Heideggers Kosten mit mir füßelt. Ich passe zu den Künstlern und küsse vor laufender Kamera Erbeeren und einen fremden, italienischen Mund. Ich trinke tatsächlich keinen Tropfen Wein und verschwinde von der Bildfläche.

Wo es tief ist

Ich mache zwei Schritte vor die Tür, fühle noch die Zugluft und wirble herum. Die Wohnungstür schlägt schneller zu als ich greifen kann. Zack, zu. Drinnen ist niemand. Es ist früh morgens und ich stehe im bodenlangen Nachthemd im Treppenhaus. Ohne Schlüssel. Mit einer roten Rose in der Hand.
Der kleine Gärtner sagt, er habe kein Mobiltelefon. Langsam versammeln sich die Nachbarn um mich. Wäre es nicht um das Nachthemd, würde ich ja selbst klettern. So muss ich den Dienst dem jungen Nachbarn von schräg oben überlassen, der sich beherzt auf meinen Balkon schwingt. Romeo minus Julia.
Dem Rosenkavalier erzähle ich später am Telefon die ganze Geschichte. Für eine Weile schwebt er in meiner müden Samstagsblase. Wir hatten uns bekriegt, wir hatten erschöpft die Waffen fallen gelassen, waren in den Sand gesunken. Irgendwo muss ein Sturm getobt haben. Erst langsam wird klar, dass wir am selben Strand erwacht waren. Ich liege auf dem Rücken, starre in den Himmel. Etwas Tiefblaues war schon immer da. Ich werde den Mann wiedersehen, wo es tief ist.
Ich packe mal wieder die Tasche, lackiere noch schnell die Nägel. Ins Kloster werde ich fahren, diesmal nicht zum Schreiben, leider.

Die Physiker

Dass die zehn Physiker meiner Vermutung nicht widersprechen, dass das Vergehen der Zeit nur eine Illusion sei, macht mich euphorisch. Sie sagen, die Theorien legten dies nahe, sie könnten es jedoch kaum nachvollziehen, nicht aus eigener Erfahrung speisen, nicht fühlen. Ich kenne die Theorie nur schemenhaft, begreife dafür umso heftiger. Wäre es vermessen, zu fühlen, was andere in Formeln fassen?

Mozzarellahund

Manchmal, beim Autofahren, lege ich diese Disk ein. Eigentlich höre ich nur den ersten Track. Bei einer Minute siebzehn und vier Minuten fünfundvierzig vergisst die Welt sich regelmäßig selbst. Es schmeichelt mir, dass sie das in meiner Gegenwart tut.
Später, ich habe mich inzwischen vielleicht selbst vergessen, wiege ich mich in blumigen Kissen von Donner zu Donner, die Hand im eigenen Haar vergraben. Ich ziehe die Rolläden hoch, um auch die Blitze ins Bett zu lassen. Ich träume vom Mozzarellawelpen. Das ist ein kleiner Hund, so schmiegsam, so weich und weiß wie jene Käsesorte. Er hat Schlappohren und trotz seiner jungen Haut, ich weiß es, ist er alt, unheimlich alt. Er könnte einfach sterben, während er an meine Brust gekuschelt schläft. Sein Atem ist ein süßer Hauch. Ich wüsste zu gern, was er ist oder bedeutet.

Nachtmahr

Teils tauchen in der Nacht Körperteile auf, Männerbrust, behaarte Schenkel, von denen ich später nicht mehr sagen kann, ob ich sie geträumt habe oder nicht. Gegen Morgen singen die Vögel mir die Ohren voll. Ich drehe mich um. Ich bin allein im Bett. Aber was heißt das schon.