Mittag und die Grillen zirpen. Zwei Zigarillos und ein Brief nach Paris, der ungewöhnlich lang und flirtatious geraten ist. Flirtatious, warum es dafür kein deutsches Wort gibt, frage ich mich. Ich gehe nach draußen, nehme Nüsse für die Meisen mit. Ich zerbreche mir den Kopf anderer Leute und die Nussschalen unter meinem Schuh. Schließlich entscheide ich mich für eine Kopfschmerztablette und singe in leisen Tönen ein bisschen Wahrheit in die Welt hinaus. Die Wahrheit ist, dass der Frankfurter Yuppie, der Rosenkavalier und der Prinz derselbe sind und die Luft zwischen Genf und Frankfurt nur deshalb so dünn wurde, weil ich den Kopf verloren hatte. Gestern fand ich ihn wieder, bei Michael Bublé. And this old world is a new world and a bold world for me.
Teebeutelfarm
Krähen schreien. Das Rauschen des Regens übertönt das Brutzeln in der Pfanne. Manchmal ist es umgekehrt. Jemand kocht und wie immer ist das ein gutes Gefühl. Zwischendurch grabe ich in feuchter Erde. Auf meinem Schreibtisch wächst eine Teebeutelfarm.
Flipflops
Vor sieben Tagen folgte ein verschwitzter Prinz mir auf den Fersen durch den Wald. Im Schatten, an einem tiefen Quelltopf, hatte er Rast gemacht. Da hatte ich ihn aufgegabelt. Die Farben des Wassers änderten sich mit dem wandernden Tageslicht, wie meine Launen. Das Laub hatte sein unschuldiges Frühlingsgrün verloren, der Prinz seinen Freimut. Ich mochte ihn trotzdem. Er briet mir Fisch und opferte mir halbe Lügen. Ich warf sie mit den Fischresten ins Feuer, zusammen mit einer kleinen Schweizer Eisfahne. Er biss mir in den Nacken und hielt mich fest im Schoß. Nach Morcheln und Rosen roch die Erde und die Kalksteine waren weiß wie Gerippe.
Du bist in Flipflops sehr geländegängig, sagte der Prinz und stolperte.
Fruchtschnitten
Im Kloster werden Tabu und Obszönes im Film behandelt. Wir sehen spanische Filme und essen Fruchtschnitten. Ich lustwandle vom Tor zum Brunnen zur Linde und zurück. Ich schicke einen jungen Mann in den Beichtstuhl und wate in der Donau. Ich lerne ein geschwätziges Teufelchen kennen, das eine schwarze Hochsteckfrisur hat und auf Heideggers Kosten mit mir füßelt. Ich passe zu den Künstlern und küsse vor laufender Kamera Erbeeren und einen fremden, italienischen Mund. Ich trinke tatsächlich keinen Tropfen Wein und verschwinde von der Bildfläche.
Wo es tief ist
Ich mache zwei Schritte vor die Tür, fühle noch die Zugluft und wirble herum. Die Wohnungstür schlägt schneller zu als ich greifen kann. Zack, zu. Drinnen ist niemand. Es ist früh morgens und ich stehe im bodenlangen Nachthemd im Treppenhaus. Ohne Schlüssel. Mit einer roten Rose in der Hand.
Der kleine Gärtner sagt, er habe kein Mobiltelefon. Langsam versammeln sich die Nachbarn um mich. Wäre es nicht um das Nachthemd, würde ich ja selbst klettern. So muss ich den Dienst dem jungen Nachbarn von schräg oben überlassen, der sich beherzt auf meinen Balkon schwingt. Romeo minus Julia.
Dem Rosenkavalier erzähle ich später am Telefon die ganze Geschichte. Für eine Weile schwebt er in meiner müden Samstagsblase. Wir hatten uns bekriegt, wir hatten erschöpft die Waffen fallen gelassen, waren in den Sand gesunken. Irgendwo muss ein Sturm getobt haben. Erst langsam wird klar, dass wir am selben Strand erwacht waren. Ich liege auf dem Rücken, starre in den Himmel. Etwas Tiefblaues war schon immer da. Ich werde den Mann wiedersehen, wo es tief ist.
Ich packe mal wieder die Tasche, lackiere noch schnell die Nägel. Ins Kloster werde ich fahren, diesmal nicht zum Schreiben, leider.