Als der Funkwecker plötzlich fünfundzwanzig Uhr neun anzeigt, wissen wir, dass etwas nicht stimmt. Die Zeit ist eine Illusion und so.
Metaphern für die Liebe
Grausame Metaphern für die Liebe sammeln. Nebenbei Bewerbungen schreiben und schwimmen gehen, mit meiner rosa Schwimmbrille. Meinen eigenen Schatten an der Poolwand verfolgen, wenn ich durch das nächtlich beleuchtete Becken tauche. Otter spielen. Über der Türkiswelt der Unterwasserscheinwerfer liegt eine dünne Silberschicht. Wenn ich auftauche, schneit mir der Himmel auf den Kopf.
Musik, Adrenalin und die kindische Freude, dass es endlich losgeht, beim Anfahren des Zuges. Nach Big Beats in freier Wildbahn suchen und sich in den Sommer sehnen. Sand, Treibgut, mit Stöcken fechten. Wissen, dass keiner diesen Kampf gewinnen wird. Dass wir beide fallen werden, ineinander.
Grausame Metaphern für die Liebe sammeln. Und alle enden mit dem Tod. Meine Nägel sind orangefarbig lackiert. Eine Hand auf seinem Rücken, die andere auf seiner Brust, so dass sein Löwenherz zwischen meinen Händen schlägt. Nur noch sechsmal schlafen.
Fackeltanz
Ein Spiel hat begonnen, ein Uhrwerk der Gefühle, ein sanftes Umkreisen, ein gemessener Fackteltanz. Wir tragen unsere Lichter in der Nacht herum und werden langsam freudetrunken. Wir ahnen schon, dass die Flamme bald den Wald ergreift. Erste Hälmchen sind bereits verglüht, auf der Zunge eines Nachmittags. Der Herbstwind treibt vertrocknete Blätter ins Feuer, unermüdlich.
Den Abend verräkeln
Mit Henry Miller habe ich einen guten Gefährten gefunden, im Sitzsack zu lungern und den Abend zu verräkeln. Er schraubt meine Laune ein paar Windungen in die Höhe, ich lese mich in seinen Wendekreis ein, eine Made im Speck.
Baumhäuser
Blindfügig, will ich sagen. Unfug und blindlings und gefügig, schwingt alles mit. Und tatsächlich fühle ich mich fatalistisch schmiegsam heute. Schmiege mich also ein bisschen an mich selber und die umgebenden Dinge. Die komfortable Distanz, die Gelassenheit, ich frage mich, ob man davon zu viel haben kann. Mit Gallseifenfingern, die Wäsche trocknet gerade, taste ich nach dem Weinglas.
Mit den Worten kommt die Laune zurück, Schwellmond, Hellmond, Volltrottel. Zwischen Geduld und Ungeduld ist eine Menge Platz fürs Tun. Heute morgen, einen Weg durch den philosophischen Busch schlagen, einen gangbaren Pfad suchen, für die Anderen. Wo es nicht nur ein Durchkommen gibt, sondern auch noch nette Aussicht. Gestern, ein paar bewegten Erdbeerbildern hinterherjagen, einen Tontechniker vermissen und über Voice-overs nachdenken. Vorgestern, der Trucker mit der Lederweste, die am Rücken ganz platt gedrückt war vom vielen Sitzen, bestellte sich was. Vielleicht trug er ein Toupet. Vorgestern, im Ulmer Stadthaus, lesen.
»Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel«, zitiere ich Nietzsche. Mein Gegenüber setzt gern seine Träumerblicke auf, auch wenn er dabei Anzug und Krawatte trägt. »Ein Baumhausbau war damals ein episches Großprojekt«, sagt er. Und ich will ihn küssen. Aber das geht ihn im Moment nichts an.