Acrylfarbe und Tuscheflecken beschmutzen endlich wieder meine Finger. Ich habe nichts verlernt und bin beruhigt. Genüsslich verreibe ich die Rückstände in meinen Handflächen. Wenn ich könnte, würde ich mir sofort zwei Kunstklassen unter den Nagel reißen. Doch Geduld. Nachmittags finde ich eine Fotoserie wieder, die ich in Wales geschossen habe. Wales, mein Zeitgefühl sagt, dass das alles gestern war. Mein Zeitgefühl sagt aber auch, dass jetzt Frühling ist. Mein Zeitgefühl ist ein Freak. Wie mein Taktgefühl, doch das ist eine andere Geschichte. Ich freue mich jedenfalls kindisch und hänge die Fotos hinter Klarsichtfolie ins Bad. Views from a window ? mit der Spiegelreflex im Fenster sitzend, sich katzenmäßig auf dem Fensterbrett trollend. Weil das Meer so gut riecht. Weil der Himmel ganze Romane erzählt. Weil das Leben schön ist. Literatur, Fastfood, Videospiele, Frühlingsgefühle und Hormonbäder. Wird die Frau jemals erwachsen, denkt sich mein innerer Beobachter. Ich spucke ihm einen Mund voll Wasser ins Gesicht.
Melancholie für Fortgeschrittene
Skizzen. Chaitee und Thaisnacks. Melancholie für Fortgeschrittene. Ein schwarzes Buch, das mit seinem Goldschnitt ein bisschen Bibel sein möchte, leichte Unterhaltung zwischen zwei Kunstlederdeckeln, so weit, so gut. Nachts meine Wurzeln in meinen Mitbewohner schlagen. Ruhe. Wärme. Kleine Narben. Schlaf und so viel Träume, dass daraus neue Welten zu bauen kein Problem wäre.
Gummistiefel
Ich kriege Dinge geregelt, ohne einen Funken Selbstdisziplin, chatte, telefoniere, Prokrastination hoch drei. Musik, Vorfreude, Gummistiefel mit rosa Rosen drauf. Ich irre durch Märchenfilme, in denen mir Tüllkleider vom Leib gerissen werden, das Kopfkino flackert vor sich hin. Später, ein Highway voller futuristischer Lichtobjekte rauscht durch meinen Kopf, es muss am Kaffee liegen.
Zeitverschwendung
Seit langem verirrst Du Dich wieder in einen Buchladen. Sofort bist Du zuhause, Du hattest ihn fast vergessen, den Sog. Natürlich verlässt Du das Geschäft nicht ohne Beute. Die halben Stunden, in denen ich tatenlos herumstreune, weil das Geschäft, in dem ich etwas besorgen muss, noch nicht geöffnet hat, die halben Stunden, die verloren sind, weil das Geschäft tatsächlich, wie altmodisch, Mittagspause macht, die halben Stunden, in denen sich das Nachhausefahren nicht lohnt, diese sinnlos vertanen halben Stunden, diese halben Stunden, ich liebe sie. Sie sind ein gefundenes Fressen für mich. Lustvolle Vergeudgung von Zeit. Ja. Zeitverschwendung gehörte schon immer zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Die wirklich guten Ideen kommen beim Verschwenden. Später, ich schaue mir Bilder von Löwen an, die sich necken und ficken. Und Bilder von weltbekannten Straßenkreuzungen. Gieße den Farn und den Efeu. Füttere die Vögel. Im Museum gibt es Kupferstiche und Holzschnitte von Albrecht Dürer. Die will ich sehen. Dass das Museum einmal das erste öffentliche Schwimmbad der Stadt war, ein kleines Jugendstilbad, bemerke ich erst beim Betreten der Empfangshalle. Mosaiken und Buntglas, ein Wandbrunnen, Treppen links und rechts. Geschwungenes Holz, seltsame Leuchter. Goldene Buchstaben über einem Schalterfensterchen. Kasse und Wäscheabgabe, steht da in Jugendstilschrift. Der Brunnen ist fürs Erste trockengelegt. Ich würde den Steinmund gern einmal Wasser speien sehen.
Kuppeln und Sterne
Zwei langhaarige Kerle, man könnte sie für Brüder halten, eskortieren Dich in die Limesthermen. Sie spielen Hofstaat mit Dir und Du bist die Prinzessin. Unter Kuppeln und Sternen badest Du Deine königlichen Glieder. Auf dem Heimweg besorgst Du eine Flasche Laphroaig. Und Martini. Deine Ritter wählen Kaffeelikör und Guiness. Es gibt Sushi. Verwöhnt und glücklich sitzt Du später auf dem Bett. Und wunderst Dich, warum das Glück immer Deine Türen einrennt.