Apfelblüten

Das Ding steht einen Abend lang da, so oder so. Also spielen wir reiche Leute. Mit einem Cabriolet unterm Hintern ist das natürlich nicht schwer. Die Sonnenbrille auf, und fertig. Zu allem Überfluss hat der Schlitten eine exzellente Anlage, auch bei hundertsechzig steht der Sound noch klar. Wind im Haar, den Kopf nach hinten legen, über mir Baumkronen, Wolken, alles fliegt. Im Ort dann sehen die Leute den jungen Angebern nach. Dass wir nicht dazugehören, nur spielen, lässt uns am meisten lachen. Der Freitag gehört Büchern, jungen Schreiberlingen und einer meiner liebsten Bars. Sogar mein liebster Barmann ist da, um mir meine White Lady hinzustellen. Die Nacht zum Samstag blendet langsam in einen Wendlinger Apfelblütenkitsch über, ich werde in diesem Film gut gelaunt, halb bekleidet und frisch geduscht in einer Hauptrolle spielen, bei sonnigem Frühstück die Audrey-Hepburn-Brille zurechtrücken und doppelt so viel verputzen wie mein Gastgeber. Später, auf der Brücke, werde ich meinen Rocksaum flattern lassen, so dass die auf der Autobahn hinrasenden Menschen mich wie eine blaue Fahne wehen sehen. Werde weitergehen, Schmetterlinge, Pferde, und fast einen Sonnenbrand bekommen, nur fast. In Blumenwiesen werde ich Holly Golightly spielen, ich heirate nur für Geld, werde lachen, neue Steinchen fürs Gedankenmosaik sammeln und Gänseblumen fürs Haar. Und jetzt, ein neues Spiel, ein anderer Abend. Guinness, scharfe Suppe und Salat. Frühlingsrollen oder Steak. Sogar Champagner ist da. Oder doch Melone zum Nachtisch.

Schnell und dreckig

Du traust Dich und fasst ein paar Deiner Phantasien zusammen. Dass am Ende etwas herauskommt, das Du bereits kennst, etwas Vertrautes und, wie Du findest, Schönes, macht Dir Freude. Etwas, das Du verschenken kannst und verschenken solltest, solange Du lebst. Dass Du es ins Internet stellst, mag kühn sein, aber wohin sollst Du sonst mit Deinem Überfluss. Gut, Du könntest Bücher schreiben. Aber manchmal muss es schnell und dreckig sein. Manchmal kann’s nicht warten.

Wortspielplatz

Am 24. April 2009 präsentiert die LUGeratur ihre diesjährige Gastautorenlesung: Es lesen Pierre Jarawan, Harry Delgado, Fee Katrin Kanzler, Alexander Ruff und Sophia Schmid. Die Veranstaltung findet um 19 Uhr im Lichthof des Ludwig-Uhland-Gymnasiums in Kirchheim unter Teck statt. Die LUGeratoren begleiten mit Moderation, Getränken und einigen Snacks durch den Abend.

Königskinder

Nächte um die Ohren und Klimperringe ums Handgelenk. Sandaletten und Sommerkleider tragen. Den Mann in der Dusche anfassen. Zum Frühstück fahren, auswärts, Sonnenbrillenland. Kutschenmuseum und Schlossmauer. Später Sushi, Kaffee kochen. Genießertage. Noch später die Pagenkopfperücke aufsetzen, sie ist knallrot, mir neckisch den Erdbeerpony aus der Stirn wischen. Die werde ich nachts in Cannstatt tragen. Du erinnerst Dich wortgetreu an Formulierungen aus meinem Tagebuch. Du erinnerst Dich an Augenblicke, die ich längst vergaß. Auch ein Grund Dich zu lieben. Falls man Gründe braucht. Ich lasse mir Geschichten von Polohemden und Olivenbäumchen erzählen, von Foxtrott und Wickeltisch. Ich zupfe mein schwimmbadblaues Kleid zurecht und atme tief. Fast hätte ich schwimmbadblaues Klavier geschrieben. Und die Kirschbäume blühen bald. Ich sollte uns Frühlingskränze flechten oder Sommerkronen. Du bist genauso gerne Königskind wie ich.

Ausklinken

Eigentlich sind seine Augen ein bisschen zu grau für Vergissmeinnicht. Ich werde weiterforschen müssen. Bei Meeraugen ist die Sache ganz klar. Oder bei Kaffeeliköraugen. Oder bei meinen, seegrün, sumpfgrün, moorgrün. Davon kann man schreiben. Aber ein grau verstaubtes Vergissmeinnicht, wie klingt das denn. Kornblume geht auch nicht, die wird innen dunkler statt hell. Aber es macht mir nichts aus, immer wieder schauen zu müssen. Es gehört ein bisschen Rücksichtslosigkeit dazu, trotz eines anspruchsvollen Berufs, einiger Freundschaften und tiefer Verbindungen, im Hintergrund auch irgendwo einer Familie, schreiben zu wollen. Immer wieder musst Du Dich ausklinken, wie sehr es auch irgendwo nach Dir schreit. Aber inzwischen sollte ich es ja können. Nicht auf das Schreien hören, auch nicht auf das eigene, und einfach weitermachen.