Ich kehre die Schalen der winters gefressenen Sonnenblumenkerne auf. Von Vögeln gefressen. Klar. Ich schwirre durch die Wohnung, in Lieblingsjeans, im Sommerkleid. Lese. Begutachte die Flecken in meinen Augen, in meinen Chamäleonaugen, die ihre Farben wechseln je nach Licht. Ich suche Kinderbilder. Habe erst eine Grippe überstanden, viel fiebergeträumt, viel Hustensaft geschluckt. Gesund werden. Atem holen. Ich sage dem Dornröschen guten Morgen. Dem Denker gute Nacht. Kann jetzt das Hexadezimalsystem. Und das Binärsystem, wenn ich die Finger zu Hilfe nehme.
Mit Leichtmatrosen, die gern bei Rum und Rauch Piratenkapitän spielen, steche ich in See. Lasse mich treiben. Werde von Menschen erkannt, die ich selbst nicht kenne. Und halte seit langem wieder ein Polaroid in Händen. Mag das Gefühl. Ich schenke mir elf Rosen und eine Hand voll Rüschen, kariert, blaurotweiß. Sie erinnern mich an Segelboote, Sextanten, an Cappucino im Hafen und das Geräusch dümpelnder Kiele.
Graugrünes Moos
Du kennst die Momente, in denen die Last vieler Wochen von Deinen Schultern fällt. In denen Du anfängst zu schweben. Und sei es nur ein paar Minuten. Du schwebst und wippst wie ein Herzballon auf dem Rummelplatz. Wie wird das erst, fragst Du Dich, wenn einmal eine Jahreslast fällt. Du wirst fliegen. Aufsteigen wie ein gut befeuerter Heißluftballon. Voll geduldiger Ungeduld schaust Du über das graugrüne Moos.
Zu tun: Einen Text für den literarischen Brunch aussuchen. Elektronischen Posteingang säubern. Die Kuhle zwischen dem großen Zeh und dem nächstkleineren schnell wieder an Flipflops gewöhnen.
Hörbar – der literarische Brunch
Aus der Reihe »Hörbar« – diesen Sonntag von 10-14 Uhr im Mehrgenerationenhaus LINDE: Nebst vielen Köstlichkeiten warten 4-5 kurze Lesungen auf die Gäste. Darunter ein Beitrag von mir – vom Rest lasse ich mich genauso überraschen wie ihr!
Thema: Frühlingsgefühle
Ort: Alleenstraße 90, 73230 Kirchheim unter Teck
Zuckerwattefelder
Es gibt Tage, an denen die Realität Schlieren zieht. An denen Du betrunken bist, bevor Du Dich irgendwo hättest betrinken können. An denen alles, was passieren könnte, die gleiche Wahrscheinlichkeit hat. Dass Du Post haben wirst, ist genauso wahrscheinlich wie dass sich einer Deiner Schüler einfach in Luft auflöst oder dass aus Deinem Briefkasten Butterblumen wachsen. Zumindest in Deiner Wahrnehmung. In der nichts mehr klare Grenzen hat. Und wenn Du nicht aufpasst, verschmilzt Du mit einem anderen Menschen. Also hältst Du Blickkontakte lieber kurz. Welch ein komplexes Vehikel mein Körper ist, denkst Du, und staunst über die Präzision, mit der Du es bedienst. Mit der Du es durch Zuckerwattefelder steuerst, um Deinen Geist zurückzulocken ins Hier und Jetzt. Irgendwann kommt er angekrochen. Hat Worte mitgebracht, wie so oft, von seinen Irrfahrten.
Bettgeschichten
Von Feennestern und Lockstoffen ist die Rede. Auf Postkarten. Und Augustinus finde ich auf comichafter Bettwäsche wieder. Ama et fac quod vis. Leicht verfremdet hat er es in die Popkultur geschafft. Und dass Laotse und Heraklit unter der selben Decke steckten, wusste ich ja schon lang.