Was Du gibst, ist Zeit, sagt er. Erst langsam fasse ich den Umfang dieses Kompliments. Seine Worte sickern durch bis an die Stelle, wo sie vermutlich hingehören, und verteilen sich als Goldstaub im Grundwasser. Ich hätte kein Heideggerschüler sein müssen, dass mich ein sanfter Schauer packt. Ich tanze mit Dionysos. Ich suche betrunkene Prinzen im Schnee und bringe sie ins Bett. Ich lasse mich von Morpheus küssen, dem nimmermüden Freier, dem klugen Kopf und Kuppler. Wie der Mistkerl seine Finger in Brandbeschleuniger taucht, bevor er mich anfasst.
Im Norden der Welt
Ich male eine Reihe von Himmeln. Darf mir über Ausstellungen Gedanken machen. Ich kümmere mich um Girlanden und Dipschalen, trinke Whisky und Hustentee. Ich sehe mich um. Die Gegend besteht aus Tagen, die nicht wirklich Tage sind. Adventskalendertage, deren kurze Sonnenstunden mich an schwedische Winter erinnern. Natürlich nur ein bisschen. Hier mag der Süden des Landes sein, denke ich. Aber es ist der Norden der Welt.
Mit einem verräterischen Vorgeschmack auf der Zunge frage ich mich, ob Ungeduld auch eine Todsünde ist. Ich beobachte die Schneeflocken und genieße die ungeheure Süße des Lebens. Das Wiederfinden der eigenen Leidenschaft in fremden Gesichtern, die Klänge des Klaviers in der Lounge, die Schärfe meines Blicks, es gibt vieles, das mich glücklich macht. Ob das Leben vielleicht eine Frau ist, denke ich. Wenn Du sie liebst, kann sie Dir vieles antun und trotzdem findest Du sie weiter schön.
Unbändig
Manchmal möchte ich unverschämt sein. Dir die unbändige Energie ins Gesicht schleudern, die mich umtreibt. Die mich nach einem kräftezehrenden Montag noch ein paar Liegestütze machen lässt, weil ich nicht weiß, wohin damit. Ob sie dann als Ohrfeige oder Kuss an Dir herunterperlen würde, ist vorab schwer zu sagen.
Königskind
Wir sollten öfter mit dem Finger gegen die Betonmauern dieser Welt tippen, denke ich, und merken, wie viele davon aus Pappe sind. Es schadet auch nicht, ein Teppichmesser in der Tasche zu haben, um bei Bedarf kleine Türchen in die Pappfestungen zu schneiden. Solange sie dabei nicht allzu sehr wackeln, fällt es niemandem auf.
Die Flasche steht unter Druck, ich verschütte Schaumwein quer durch die Küche. Später trinke ich meinen unstilgemäßen Kir und weiß tatsächlich nicht mehr genau, wie ich ins Bett gekommen bin. Ich wache auf, denke an Hylas und seine Nymphen und hoffe, mein Mitbewohner wird nähere Details liefern können, beim Frühstück.
Alles in allem lebe ich ein königliches Leben. Bade in Edeltannenextrakt und anderem Bullshit. Lese gute Bücher. Lasse mich von der Musik klarwaschen. Lebe, liebe, gern bis zum Anschlag. Besitze von allem in etwa so viel, dass die Sachen mich glücklich und nicht unglücklich machen. Verfüge über Möglichkeiten, meine geliebten Traumgebilde immer wieder Realität werden, die kringeligen Ideen über den Topfrand meiner Hirnschale hinauswuchern zu lassen. Habe Freunde. Und plane ein Kindergartenfest mit Ringelpiez, Feenkuchen, Absinth und Nachtwanderung.
Tröpfchenweise
Es gibt Tage, die Dir mit einem Mal eine ganze Stange Glück schenken. Dann ist es gut, eine Küche zu haben, die groß genug ist, darin zu tanzen. Anschließend liegt die Stange Glück da wie eine Droge. Du pulverisierst das Zeug. Du lachst. Zitterst ein bisschen, willst alles nehmen, willst Dir den goldenen Schuss geben. Aber aus irgendeinem Grund geht es nur tröpfchenweise. Die Realität und ihre Beschaffenheit retten Dir das Leben. Du würdest so gern am Glück zu Grunde gehen. Wie der Falter im Licht verglühen. Naja. Vielleicht solltest Du froh sein.