»Die Schüchternheit der Pflaume« – Fee liest erstmals aus ihrem Romandebüt. Mit Musik und Verköstigung.
13. September 2012 | 19:30 Uhr
Kulturzentrum Wolfgang-Eychmüller Haus | Hettstedter Platz 2 | 89269 Vöhringen
»Die Schüchternheit der Pflaume« – Fee liest erstmals aus ihrem Romandebüt. Mit Musik und Verköstigung.
13. September 2012 | 19:30 Uhr
Kulturzentrum Wolfgang-Eychmüller Haus | Hettstedter Platz 2 | 89269 Vöhringen
Nach Monaten ohne Gitarre spiele ich wieder auf den Stahlsaiten. Meine Finger tun weh, der Klang schwirrt im Kopf nach, legt sich wie ein Fotofilter über meine Sicht. Viel zu selten spüre ich die Wucht, die von einem fürs Schreiben reservierten Tag ausgehen kann. Außerdem gehe ich Sturmschäden besichtigen, zeichne neue Portraits, schicke eine Flaschenpost auf die Reise. Ich braue Holunderblütensirup. Ich krieche durchs Dickicht, bis meine Haut brennt von all den Gräsern, Dornen, Nesseln. Ich bin nicht allein. Wir kühlen die juckenden Beine im See. Ein kleines Gewitter, wir sitzen wie Tiere unter einem Strauch, plustern uns. Zuhause Zwiebeln schneiden und Oliven naschen. Vorm Küchenfenster wird eine Kreuzspinne fett, sommerfett.
Ein Saal voller Abendkleider, deren Säume einander streifen. Krawatten und Fliegen, jede Menge Taft. Wir feiern das Ende, den Anfang, den jungen Sommer. Draußen an der Cocktailbar mische ich mich unter die Raucher. Drinnen auf dem Parkett wirbeln die Generationen durcheinander, Lebendigsein genügt, um teilzuhaben. Die Spanierin tanzt mit mir, der Biologielehrer, die barfüßige Künstlerin, Konversation in Körpersprache. Zum Abkühlen gehe ich Schritt für Schritt ins Dunkel hinein, vorbei an den Stehtischen, vorbei an den Pavillons, lasse den Kerzenschein hinter mir. Mit Absatzschuhen über gesprengten Rasen, Abseitsgespräche an der Tartanbahn, Abschiednehmen.
Als wolle es die Reste der Feierlichkeiten wegfegen, bricht am nächsten Tag das Unwetter herein. Nimmt versehentlich nebst Cocktailbechern, Tischdekoration und Pavillons ein paar Bäume mit, hinterlässt einen Teppich aus Blütenblättern in meinem Garten. Ich tappe durch die Pfützen, halte meine Arme tief in die Wassertonne. Zerbrochene Blumentöpfe, Graswurzelduft und eine Lunge voll Sommerregen.
Was machst du so, fragt der Schweizer. Ein Seefrühstück im Tüpfelregen einnehmen, Kaffee aus der Thermoskanne. Improvisationstheater anzetteln, huren, morden, die Artussage in einem Telefon wiederfinden. Im Gewitter nass werden bis auf die Haut, lachen, mich unterm Handtrockner in einer Parkhaustoilette fönen, während meine Freundin Handyfotos davon schießt. Außerdem im Kraut wühlen, bis ich Muskelkater kriege. Baden, wie immer. Gin trinken und Murakami lesen, Norwegian Wood, bis zum Schluss atemlos, ob ich dieses Buch lieben oder hassen werde. Ein gutes Buch also, das etwas wehtut, was es noch viel besser macht.
Ich war ein Anfasserkind, ein Schmutzfink, ein Pfützenrührer. Lass uns im Sommer mal gemeinsam in einer Pfütze rühren, sage ich, und meine Hände riechen nach Salbei. Ich komme gerade aus meinem Arkadien zurück, ein Hof auf dem Land, ein Gartenlaubenhimmel, grünes Elysium. Große Tassen mit Goldrand und Vogeldekor. Seelenbaumelplatz, Kaffeeundkuchenparadies. Hüfthoher Farn, Bleiglasscheiben. Ein Tag, der sich verdünnt in die nächsten Tage mischen wird, ein sanfter Unterton, der Geruch der Ruhe, Seligkeitskonzentrat.