Die Schüchternheit der Pflaume

1. Kapitel:
»Du kennst die mehlige Schicht, die eine frische Pflaume hat. Was sie matt macht und blassblau statt dunkel, diese dünne Schicht, dieses Anstandspuder überm tiefen Violett.«

2. Kapitel:
»Sie vergöttern mich. Halblaute Rufe hallen auf die Bühne. Heirate mich, schreit einer. Er muss betrunken sein.«

Serpentinen

Arbeiten, Kaffee, Gespräche zwischen Tür und Angel. Stuttgart, Frankfurt, Köln, Berlin, notiere ich geistig, reihe sie geografisch auf, so wie man reisen würde, damit ich mir die Städte merken kann. Ich kaufe zu viele Klamotten, höre zu viel Musik. Manchmal hilft nur noch eine Nacht mit Roggenbrot, Schwarzbier und Banjoklängen. Ich will die Zunge eines Bisons berühren. Ich will unförmige Frauenkörper zeichnen. Ich will mich in Herbstwiesen verlieren und, vor allem, das Ende der Zeit nicht sehen. Nachts träume ich, meine Nase in helllilablassblauer Baumwolle zu vergraben, träume Vertrautheit in das fremde Hemd hinein. Ich muss hochschalten, ein, zwei, drei Gänge, muss den Ruck verkraften, nicht krank werden. Überhaupt muss ich weicher Kuppeln lernen. Zum ersten Mal: Serpentinen.

Pappwände

Ich schaffe es nicht, ein einziges Mal Nudeln zu machen, ohne dass alles überkocht. Ich versuche, keine metaphorischen Bedeutungen hineinzulesen. Ich suche Sonnenblumen, finde tote Mäuse, Bäume voll reifer Äpfel. Du kennst dieses Gefühl, wenn nichts perfekt ist, der Sommer blättert ab, du musst Kompromisse eingehen, der Kühlschrank ist leer, und trotzdem läuft alles richtig. Genau richtig. Unausgesprochene Weisheiten, Feuilletonausschnitte, Programmhefte, einvernehmliche Ferne hier, leicht niederzureißende Pappwände da. Das Lampenfieber, die Urlesung, alles läuft. Trotzdem jung und dumm geblieben. Die Donaumöwen lachen.