Ihr werdet alle sterben, titelt ein Zeitschriftenartikel. Ich schneide den Satz aus und klebe ihn auf eine Zeichnung. Drücke außerdem pinkfarbene Handabdrücke darauf. Wasche meine Finger in der Badewanne, heißes Wasser, spüle die Pinksoße in den Abfluss. Ich kaufe Kirschlabello und Kichererbsen. Telefoniere mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, zerbeiße einen Apfelkern. Der mandelbittere Geschmack, ich will schreiben, und seit Tagen Hochnebel oder Regen, mir bleibt nichts anderes, als jede Nacht ein wenig Sommerkleidung zurechtzuschneidern. So tun, als wäre bald schon Frühling. Etuikleid, Pailletten, korallenrot.
Doppellooping
Mal wieder einen Doppellooping überlebt, mal wieder die Welt vorm Abbrennen gerettet. Kaffee in der Galerie Schrade, und der Gedanke, wie leicht es ist, sich in dem Haus auf der Insel wohl zu fühlen. Sonnenbebrillte Coolness auf den Gemälden, lässige Striche, Slogans. Ich fahre nach Hause, Pressetextfetzen im Kopf. In anderen Körperteilen Erleichterung und Vorfreude.
Ein Streifen Pink
Ein Streifen Pink zwischen der Autobahnbegrünung und den Regenwolken. Es ist wieder viel zu früh und viel zu dunkel. Die Leitpfosten reflektieren weiß. Dazwischen strahlt ein Paar Fuchsaugen, leuchtorange. Ich sehe dich, Rothaarkollege, auch wenn ich ansonsten ein Wrack sein mag. Verwirrt, Schlaflosigkeit, ein Morgen wie eine Wunde. Ich bin ein vierdimensionales Puzzle, ein verdammtes Puzzle, das sich selbst zusammensetzen muss. Kriegen wir. Kriegen wir schon hin, du, Fuchs, und ich.
Stuckungeheuer
Als ob ich in einer Bar säße und unter mir fährt die Metro durch. Weingläser zittern. Ich fühle die Buchmessevibrationen auch ohne dass ich hingehe. Fühle sie, auch wenn ich stattdessen im unbeheizten Ballsaal eines Schlosses herumhänge, Fischgrätparkett, Stuckungeheuer. Auch wenn ich in der Badewanne untertauche, ganz tief. Ich tippe, lösche, tippe. Vermisse das Sandalentragen. Bearbeite Farbe mit den Fingerspitzen, wenn mir der Pinsel zu indirekt wird. Spiele mit Fotofiltern, gehe hungrig ins Bett, warte auf ein Päckchen vom Konkursbuch Verlag.
Manchmal, um sieben Uhr morgens, nach einer Regennacht. Wenn die Landstraße das Pflaumenblau des Himmels spiegelt. Wo der Asphalt am Horizont anliegt, geht er nahtlos ins Firmament über, vollgesaugt mit der Pflaumentinte. Als wäre die Straße nur ein Nebenarm des Himmels. Als könnte ich hineinrasen in das große Dunkellila. Hallo laute Musik, hallo Gutenmorgenkitsch.
Bleistiftschraffur
Mein Text, an dem ich seit einiger Zeit arbeite, hat mir weh getan. Zum ersten Mal so richtig. Jetzt weiß ich, er wird leben, weiß ich, es geht ihm gut. Sommertage, Freibad, Sterneküche. Ein schwarzes Jagdgewehr, ich bin verblüfft, wie leicht mir das Abfeuern fällt. Weiterschippern auf dem großen Fluss, in den Herbst hinein, ich will Kekse backen. Ein Mann mit Zucker und Acrylfarbe im Haar, Kokosmilch, Quellcode, Nächte mit und ohne Samthandschuhe. Bleistiftschraffurgespräche, Filmkritiken und Parteiprogramme, Pappbecherkaffee, Pailletten an den Stiefeln. Du hast mal krasse Schuhe, ruft mir ein Besoffener zu.