Verbotene Insel

Nicht weit vom Wileykiosk stehen Kanus wie Federwipptiere auf stählernen Spiralen. Der Satz schlummert im Zwischenspeicher, ich klettere in ihn, ohne Paddel, schaukle hin und her. Indessen pumpt Matthew Herbert sein End Of Silence in den Raum, Bombeneinschläge, ich lese im Zentrum für Politische Schönheit, lerne das italienische Wort für unbekannt, sconosciuto. Studiere weiter im Wissenschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen und hole schließlich F. Scott Fitzgerald zu mir ins Boot, der seine Flapper und Philosophen unter Spannung setzt, sie abschnurren lässt wie Aufziehschildkröten. Ich will mir eine Welt zusammenlesen, will sie herschreiben, hermalen, herschlafen. Staunen, Verständnis, Vielfalt, im Garten blüht der Hibiskus, simuliert seit Wochen Hawaii, wo der Palila und Laminella sanguinea aussterben. Am nächsten Morgen, vier Triangeln klirren im Kopf nach, schwimme ich im See, im kalten, klaren Wasser, verbotene Insel, um meine Beine streichen Tausendblatt und kleine Fische.

Tiefkühlfach

Am Klavier, e-Moll, F-Dur, notenloses Treibenlassen, das niemanden erreicht. Finger zu langsam, Wind zu kalt, Reparaturen und Arztbesuche zu teuer. Könnte ich die Geräusche der Regentropfen verkaufen, wäre ich reich. Aber sie herzugeben käme ja doch nicht in Frage. Jemand will mir etwas sagen, es scheint dringlich, aber seine Stimme rauscht nur, ein Brummen und Knistern in meinem Ohr. Musik, die sich nicht um ihre Verständlichkeit kümmert, denke ich und frage mich, ob er enttäuscht sein wird, dass ich nicht antworte. Der Eiswürfelbeutel im Tiefkühlfach ist zu einem kompakten Block zusammengefroren, nur noch mit dem Baseballschläger zerkleinerbar.

Andalusien

Kein einziges Osterei, stattdessen das neue Album von The Prodigy, Schokodonuts von Mercadona und rohe Karotten. Die Bordkarte des einen Zwillings als Lesezeichen, den Reisepass des anderen als Bierdeckel. Andalusien, Aussicht auf Afrika, der Wind frisst unser Parkticket. Nachts am Gasherd kochen, den Pfauenrufen lauschen oder ins Hotel Hurricane stiefeln, wo es Gin, Kaminfeuer und Poolpalmen gibt. Tags im Meer, warten auf surfbare Wellen, oder in den Gassen, Graffiti suchen. Knirschendes Wassereis, das birst vor Künstlichkeit, orangefarben, knallpink, schmeckt wie eine futuristische Spacedroge.

Troparium

Du weißt, dass du auch Modedesigner hättest werden können, wenn du nicht nur regelmäßig die Nähmaschine an alte wie neue Klamotten ansetzt, um dringend benötigte Detailverbesserungen vorzunehmen, sondern auch anfängst, mit dem Brotmesser den Gummiabsatz deiner Schuhe in eine deiner Meinung nach optimierte Form zu bringen. Andererseits hättest du auch Unternehmensberater werden können. Oder Tropariumsgärtner. Im Treppenhaus, das im Kopf zum Tropenhaus wird, Palmwedel, Riesenschmetterlinge, hängt noch immer die Postkarte von Saralina, dem Zitrusmädchen, das seit Jahren nicht mehr auffindbar ist. Früchtchen, sagt das bunte Papierrechteck jedes Mal, wenn ich nach Hause komme. Ich gehe hoch, brühe Tee auf, vergrabe mich im Manuskript. Facebook schickt mir verzweifelt Mails, in denen steht, dass ich tausend Nachrichten, Säcke voll Anfragen und dreiunddrölfzig Einladungen hätte. Ich lösche die Mails mit steigendem Genuss.09