Spinnenpathos

Meistens enden Tage nicht um Mitternacht. Sondern gerade da, wo es ihnen gefällt. Nachmittags zum Beispiel. Das passiert, wenn Du Dich aufs Bett legst und ein Traum Dich überfällt. So dass Du beim Aufwachen ein Anderer bist.
Gestern war’s so. Ein vielleicht pathetischer Traum, ein Kampf, eine Umarmung, ein Wagnis, entriss mich jeglicher Wenigstensgedanken. Danach, der heiße Abend begann mit Platon und Georgia im Doktorandenkolloquium. Das Schellingzimmer wird nachts zu einer Fliegenfalle. Dutzende Spinnen haben sich um die Deckenlampen eingenistet und warten gierig, bis wir, die Philosophierenden, das Licht einschalten. Durch die geöffneten Fenster strömen Fliegen. Die Spinnen schlagen im Minutentakt zu. Ein Fest, eine Schlacht, Spinnenfraß über unseren Köpfen.

Wenigstens

Wenigstens, das scheint das Wort das Tages zu sein. Ich übertreibe zwar. Aber mir ist nach Wenigstenssätzen zu Mute. Wenigstens kann ich zu Fjonan flüchten. Wenigstens kann ich den Rechner mitnehmen. Wenigstens ist der graue Pulli so tröstlich schlabberig. Wenigstens.

Neckartaufe

Ein Igel raschelt sich stundenlang in den trockenen Blättern unter meinem Fenster einen Wolf. Raschelt und raschelt. Als brauche er dringend Aufmerksamkeit. Als möge er meine Musik. Als der Igel schlafen geht, ist es spät. Oder früh.
Heute ist der Tag meiner Neckartaufe. Ich bin nicht aufgeregt. Aber ich muss noch etwas schlafen, sonst werde ich vor Müdigkeit im Fluss ertrinken. Auch wenn er nicht tief ist. Ich habe keine Ahnung, ob mit der Neckartaufe ein neuer Name verbunden ist. Ob es förmlich zugehen wird. Oder studentisch rau. Ob ich es mögen werde. Ob Hölderlin auch vom Kahn gestoßen wurde.

Stelzmücken

Habe ich schon erwähnt, dass meine Schale Erdbeeren keine einzige madige Frucht enthält? Dass das zarte Herz des Salats immer in meinem Kindermund gelandet ist? Dass selbst tote Stelzmücken noch sehr schön fliegen, wenn ich sie aus dem Fenster werfe?

Blank

Als hätte das Chaos in meinem Zimmer etwas mit dem Chaos in meinem Kopf zu tun, verschwindet langsam beides. Soweit das in einem so kleinen Zimmer, in einem so kleinen Kopf, eben geht. Ich fühle mich blank. Im Sinne von spiegelndem Glanz genauso wie im Sinne völligen Ausgeliefertseins. Eine gute Stimmung, würde ich sagen.