Orange

Ich halte den Apfel ganz nah an die Nase. Sein Geruch erinnert mich an Gutes, Warmes, Moosiges. An die Bäume im Garten meiner Eltern. An die gelben, spitzen Blütenkelche, die jeden Frühling unter ihnen aufgehen. Mein Vater nennt mich immer noch sein Töchterle. Oder Maus. Er wird es immer tun. Hoffe ich. Ich bin nämlich gerne Tochter und Maus. Heute baute er mir einen Schrank zusammen. Der hat orangefarbene Türen, dunkelorange, und einen Spiegel in der Mitte. Der Apfel ist auch orange, an manchen Stellen. Ich sollte wieder den mandarinefarbenen Glitzerlack auftragen. Orange ist die Farbe der Saison.
Das Wochenende im Kloster am Blautopf, zugebracht in Gärten, Speisesälen, Seminarräumen und Hotels, hielt mehr als es versprach. Ich schöpfte Zutrauen. Ich sah über all die einsame Arbeit nun endlich wieder klarer. Und ich weiß, dass eine Menge weitere Arbeit auf mich wartet. Arbeit, auf die ich widerum gewartet hatte.
Dass William Blake sich schnöde vordrängt und mich abhält vom Eigentlichen, werde ich nicht ändern. Mein Staatsexamen hängt an ihm und an einem ganzen Sack voll anderer Dichter und Denker. Das Studium ist zu einem Raubzug geworden, den ich halbwillig, aber dafür mit umso weniger Skrupeln, antrete. Wenn ich schon eine Zulassungsarbeit schreiben muss, dann soll danach Blake und seine Welt mir gehören, ich werde mich vollfressen an seinem Tisch und in alle umliegenden Häuser Fackeln werfen. Ich muss aufpassen, dass ich heil davonkomme.