Nachtgeschichten

Es ist die Nacht zwischen dem vierundzwanzigsten und dem fünfundzwanzigsten Dezember. Die sozialen Netzwerke sind weihnachtlich leer, außerdem ist es spät, die meisten Feiernden sind bereits in ihre Betten gekrochen. Ich habe nicht gefeiert, bin krank. Hätte ohnehin nicht gefeiert. Habe tagsüber geschlafen, bin jetzt wach. Das Fieber klingt langsam ab, es ist vier Uhr morgens und ich bin mutterseelenallein mit einem Buch. Die Stille ist durchdringend, das Lampenlicht eine Insel, das Buch mein Messer, mein Wasser, mein schattiger Ort. Ich lese, bin ganz bei der fremden Stimme, als wäre sie ein Teil von mir, als könnte sie ein Zuhause in der Wildnis aufspannen, wo keine Menschen sind, kein einziger Freund. Dass einmal irgendwo irgendwer mit einem meiner Texte so mutterseelenallein sein könnte, lässt mich schaudern, lässt mich weiterschreiben.
Auch in der nächsten Nacht schlafe ich kaum. Die neue EP von Nine Inch Nails, Gewaltfilme, Computerspiele und Tee, jede Menge Tee. Endlich, in der dritten Nacht dämmere ich weg, tauche ab in Hypnos’ Reich. Kleine spielende Putten winken mir hinterher, sie lachen dümmlich. Ein Traum offenbart mir, dass ich ein Kunstwerk des Titels »In Schrecken gehüllte Sandwiches« herstellen werde.