Knicklichter

In Wien, Museumsquartier, seltsame Fratzenköpfe, Pferde vielleicht, hängen an den Fassaden. Generation Tiefkühlpizza trinkt Cocktails, loungt auf Gemäuern, in denen noch die Sommerhitze des Tages steckt, und auf den bunten Freiluftsofas. Die Enzis genannt werden, lerne ich, während ich auf einer Mauer sitze, die jemandem zu hoch erscheint zum Sitzen. Ein Aufseher verjagt mich. Trotzdem fühle ich mich wohl zwischen den Museumsfassaden, Schaukästen, Bars, kulturprall, poppig, gut organisiert wirkt das Viertel, ein Ort zum Sattsehen.
Am nächsten Abend, Stadthalle, trage ich festeres Schuhwerk, Trent Reznors Perfektionismus tropft wie ein gut dosiertes Medikament in mein System. Take the skin and peel it back, sure, it makes me feel better. Nachtschwärmer beim Nachglühen, der Westbahnhof lädt nicht zum Lungern ein, wir tun es trotzdem. Kaugummi, Grüntee mit Honig, hier scheucht mich niemand von den Gleisen.
Zum Frühstück gibt es Eierspeise, Kürbiskerne, einen großen Verlängerten. Dann Autobahnstunden, Heimkunft, Wetterleuchten, ein buttergelber Vollmond und Blitze flirren zugleich am Himmel. Wir biegen und schütteln, uns selbst und knisternde Knicklichter, baden im See, fischen nach Worten. Ob die Farbe seines Autos einen besonderen Namen habe, frage ich. Seine Antwort, Babylonrot, eine wohlgehütete Erinnerung.