Hotelbettnächte

In einem Schwarzwaldhotel, Aprilwetter im Mai, beobachte ich heranziehende Sturmwolken vom Swimmingpool aus. Die Lesereise beginnt im Wellnessbereich, Fencheltee und finnische Sauna. Abends im Saal des Bonndorfer Schlosses, ich lasse mich auf einem thronartigen Stuhl nieder und schiele misstrauisch zu den Putten unter der Decke hinauf. Tags darauf, Stuttgart gibt sich klassisch im Kubus der Stadtbücherei. Im Hotel mache ich Bekanntschaft mit dem singenden Duschkopf. Ich beginne zu verstehen, warum viele Schriftsteller früher oder später eine Hotelgeschichte schreiben. Das Leben in gemieteten Räumen, von deren Bodenfliesen wir im Handumdrehen abwaschbar sind. Heute Refugium, morgen ein gleichgültiges Nichts. Karlsruhe schließlich, eine Bleibe mit Cordsamtsofa und hohem Sprossenfenster, vor dem ich stundenlang nur sitzen, Kaffee trinken und Notizen machen möchte. Das wechselhafte Wolkenkino, Kastanienblättermusik, Bahnhofstrubel. Nachts die Lesung in einem abgeranzten Club, der gut zum Buch passt. Beschwipst, gelobt, chauffiert, tauche ich ein letztes Mal in fremde Federn ab. Jede Hotelbettnacht ist anders.