Blumenstreukind

Nach dem Aufstehen gibt es Tee aus frisch gepflückter Minze und drei Kirschen vom Baum. Um mich herum heiratet die Welt, die Bräute und Bräutigame fallen von den Bäumen wie reife Früchte. Natürlich ist das übertrieben, aber es macht Spaß, so daherzureden. Ich bin eher der Typ Blumenstreumädchen. Linst zwar gerne zu den Blumenstreujungen hinüber, ist aber eigentlich viel zu klein für den ganzen Erwachsenenkram. Bausparvertrag, my ass. Der Versicherungsfuzzi klingt ja selber nicht überzeugt und würde vermutlich auch lieber auf irgendeiner Wiese spielen gehen. Verheiratet ist er auch nicht. Wenn wir gerade bei Wiesen sind, bei Grün und Blumenstreuen. Mich faszinieren Pflanzen und ihre schnelle, fast drogenhafte Wirkung auf mich. Stell’ mich fünf Minuten in den Wald, ins Gewächshaus oder auf eine hochgewachsene Wiese und es geht mir gut. Meine elf Töpfe voller Kraut und Blühzeug sind inzwischen Meister in professioneller Nervenberuhigung. Sie müssen mit den Zigarillos verwandt sein, denke ich. Hätte ich einen Garten, würde der vermutlich ziemlich bald zu einer Art Outdooratelier, zu einem buschigen Wildwuchsbiotop mit kunstvoll freigehaltenen Lichtblicken. Unkraut und Kraut sprösse Seite an Seite, ich habe den Unterschied ohnehin nie kapiert. Lasst mich auf tolerante Nachbarn hoffen. Die Gummistiefel für den nichtvorhandenen Garten habe ich jedenfalls schon.