Verrückung

Wenn sich mein Blick nur um ein Quant verschiebt, kann ich das Paradies sehen. Höre zehnmal genauer, rieche Tulpen und Narzissen im Wind, sehe schärfer und schöner. Das Glöckchenlachen der Kinder perlt aus meinem Hals, als sei es immer dort gewesen. Die Musik ist zurück.
Ich träume von Segelschiffen, Planeten, Ruinen und Monden. Die Landschaft meiner Träume ist ein mächtiges Gemälde. Ein surreales Graffito, in dem ich mich verlaufen kann, ein weit geflügeltes Triptychon, meine eigene Sixtinische.
Ob es Schwalben oder Mauersegler sind, die ums Haus fliegen, kann ich nicht sagen. Mein Kaffee ist schwarz wie ihre Flügel, schwarz wie die Nacht. Das russische Ölbild wirkt an meiner weißen Wand noch zierlicher und wertvoller als im Esszimmer meiner Großmutter. Sie hat es mir geschenkt, samt einem alten chinesischen Teegedeck. Selten bekomme ich Geschenke, an denen so viele Geschichten hängen. Ich mag das Bild, ich mag die hauchfeinen Tassen. Sie erinnern mich. Glitten in meine Welt als hätten sie immer schon mir gehört, keine Fremdkörper, sondern alt und vertraut. Vielleicht, denke ich, wusste meine Großmutter das.
Eigentlich will ich nur hier bleiben, um ein Quant verschoben. Die Ameise gehört so sehr auf ihren Stein wie ich in meine Verrückung.